Wie ich als Nicht-Architekt die Lagunenstadt durch die Brille eines Architekten sah
- Ein Gastbeitrag des Journalisten Fritz Schwab -
Der Autor und Journalist Fritz Schwab war erstmals auf einer Fachreise als Branchenfremder oder man kann auch sagen als Nichtarchitekt mit uns auf ArchitekTour in Venedig.
Venedig sehen und staunen – ein Gastbeitrag
Eins vorweg: Der Autor dieses Textes ist kein Architekt. Man muss allerdings auch keiner sein, um an den „ArchitekTouren“ von Claudia Epple teilzunehmen. Deshalb können auch Nicht-Architekten gerne weiterlesen. Um ehrlich zu sein hatte ich anfangs gehörigen Respekt vor dem Programm und vor der Vorstellung, Teil einer Architektengruppe der ArchitekTour Venedig und dort ausgerechnet auf der Architekturbiennale zu sein.
Im Schwarz-Look wäre ich als Hochstapler enttarnt worden
Meinem Reisebegleiter, einem renommierten Stuttgarter Architekten, (er soll im weiteren Verlauf „K.“ genannt werden) schlug ich einige Tage vor Reisebeginn vor, ich könne mich doch als Vertreter seiner Berufsgruppe tarnen und mich daher ganz schwarz kleiden.
Hosen, Rollkragenpullover, Mantel, Schal seien in der Farbe (oder Nicht-Farbe?) in meinem Schrank vorhanden, ich müsse mich also nicht extra neu einkleiden. Der meistens schwarz gekleidete K. hat mir ausdrücklich verboten, diesen Plan weiter zu verfolgen.
Das Veto von K. war berechtigt. Es sollte sich in Venedig herausstellen, dass außer K. niemand schwarz gekleidet war. Ich war also einem Vorurteil über Architekten aufgesessen und wäre mit einem Schwarz-Look wahrscheinlich sofort als Hochstapler enttarnt worden. Ein Mitglied der rund 20 TeilnehmerInnen umfassenden Gruppe trug sogar einen froschgrünen Anorak und eine knallrote Umhängetasche. Dieser Umstand sollte sich im weiteren Verlauf der Exkursion als großer Vorteil herausstellen.
Zeit zum Genießen und Venedig-Vibes
ArchitekTour Venedig Biennale: Vier Tage Intensiv-Programm mit dem Besuch der XVII. Architekturbiennale als Höhepunkt. Ein „RundumSorglosPackage“ von Claudia Epple, der Gründerin und Inhaberin von ReiseArchitekTour mit viel Herzblut organisiert, damit wir TeilnehmerInnen entspannt die Tour genießen können. Ohne eigene Zeit für Vorbereitungen und Recherchen zu investieren. Denn das hat Claudia Epple alles erledigt und schön ist, dass sie uns auch on Tour begleitet. Die Architekturbiennale ist die Krönung der Reise. Davor, danach und natürlich während des Rundgangs auf dieser gigantischen Leistungsschau der Architektur und des Designs die Begegnung mit Künstlern und Gestaltern aus vergangenen Jahrhunderten, der Moderne und der Zukunft.
Über allem schwebt aber auch das Schicksal Venedigs vor dem Hintergrund des Klimawandels und des damit verbundenen Meeresspiegelanstiegs. Insofern entpuppte sich der erste Programmpunkt mit dem Besuch des Palazzo Querini Stampalia als genialer Einstieg in die Thematik. In dem Stadtpalast mit Gemäldegalerie, Bibliothek und – ganz wichtig! – Cafeteria hat sich als behutsamer Modernisierer Carlo Scarpa verewigt. „Carlo wer?“, musste der Autor noch zu Beginn fragen. Scarpa, durfte ich erfahren, gilt als architektonischer Hausheiliger Venedigs, Meister des Details und Virtuose des Lichts.
In dem Palazzo Stampalia entwickelte er den Geniestreich, das Wasser des angrenzenden Kanals nicht auszusperren, sondern behutsam in das Innere einzuladen. Ein hauseigener Kanal im Erdgeschoss. Das Foyer wird so zum Laufsteg. Was aber nichts daran ändert, dass bei richtigem Hochwasser „Acqua Alta“ natürlich auch bei diesem Palazzo „Land unter“ herrscht.
Genug Pausen für Espresso und Aperol Spritz
Irgendwie ist es in Venedig grundsätzlich so, dass einem das Klischee permanent vor die Füße stolpert. Der Gondoliere im Ringelpullover genauso wie der Sarg, der per Motorboot auf die Friedhofsinsel San Michele überführt wird. Dort erfahren wir, hat David Chipperfield einen neuen Toten-Trakt entworfen und bauen lassen, damit dort auch noch in Zukunft viele Venezianer ihre letzte Ruhe finden können. Wie Chipperfield sich das genau ausgedacht hat, zeigt Anabel Gelhaar mittels mitgebrachter Karten und Entwürfe bis ins Detail.
Wir fahren mit ausreichend Abstand an der Insel vorbei – auf einem gecharterten Boot. Den Ausflug auf den Friedhof kann dann jeder selber auf eigene Faust unternehmen. Überhaupt muss niemand fürchten, überstrapaziert zu werden. Vom Geh-Tempo (Prestissimo) zwischen den einzelnen Punkten einmal abgesehen, bleiben genügend Pausen für Espresso, Cappuccino und Aperol Spritz.
Vom Kampf gegen den Denkmalschutz
Man kann das Klischee sogar auf die Spitze treiben – und einen Gondelbauerbetrieb mitten in Venedig besichtigen. Die Jahrhunderte alte Werft strahlt den Charme von längst verblichener Grandezza gepaart mit solider Handwerkskunst aus. Hier wären viele aus der Reisegruppe, an die von der Sonne aufgeheizte Wand des Holzschuppens gelehnt, gerne länger geblieben.
Doch ein italienischer Architekten-Kollege wartet schon in einem anderen Palazzo, den er für die milliardenschwere VAC Fondation umgebaut hat und der heute Studierenden als Atelier und Bibliothek offensteht. Dieser Programmpunkt offenbart allerdings auch die Schattenseiten der Architektenpraxis in der Lagune. Es gilt einen permanenten Kampf gegen den omnipräsenten Denkmalschutz und die überbordende Bürokratie zu bestehen – Ausgang ungewiss.
Am dritten Tag also der Besuch der XVII. Architekturbiennale mit einem einleitenden Vortrag von Anabel Gelhaar, in dem sie neben ihrer Fachkunde auch eine Menge Pathos hervorzaubert. Architekten, behauptet die ansonsten eher nüchterne Hanseatin, seien „Hüter des Raumvertrages“.
Die Reisegruppe ist begeistert
Hoppla! Das finden einige Kolleginnen dann doch als etwas „zu hoch gestochen“. Mein Reisebegleiter K. empfindet diese Aussage hingegen als „absolut zutreffend“. Für reichlich Gesprächsbedarf beim anschließenden Espresso auf dem Biennale-Gelände ist gesorgt. Vor allem aber wegen der Fülle des Dargebotenen. Der Rundgang erweist sich als grandioses Spektakel mit Projekten, die aber von der Arbeitswirklichkeit eines deutschen Architekten wahrscheinlich so weit entfernt sind wie die Aussichten eines Armin Laschet, noch einmal CDU-Kanzlerkandidat zu werden.
Doch wirklich alle aus der Gruppe sind begeistert. Vielleicht liegt im Betrachten des Großen auch eine willkommene Abwechslung vom eher klein-dimensionierten Alltag. Ich komme jedenfalls aus dem Staunen nicht mehr heraus und frage mich ernsthaft, warum bei so viel Kreativität deutsche Innenstädte – und Vorstädte – so bescheiden aussehen müssen.
Abschlussdinner mit der Gruppe
Allerdings leidet der Autor dieser Zeilen bereits am frühen Nachmittag – wohl wegen des präsentierten Kreativitäts-Overkills - unter erheblichen Konditionsschwächen und zieht sich mit einem kühlen Getränk unter die Pinien des Gartengeländes zurück.
Am Abend beim Abschlussdinner - welches immer mit Herz ausgewählt und vorgebucht ist von der Organisatorin Claudia Epple - Inhaberin von ReiseArchitekTour - gestehen auch einige Profis, dass ein Tag auf dem Ausstellungsgelände definitiv zu wenig Zeit ist.
Und manche waren im Vorfeld der Reise weitblickend – und haben noch zwei Tage privat als Verlängerung gebucht. So wie unser Lotse mit dem froschgrünen Anorak und der knallroten Umhängetasche. Der, das sei noch bemerkt, gar kein Architekt ist, sondern ein Bauunternehmer und wie er erzählte, schon mehrfach mit Claudia (ReiseArchitekTour) unterwegs war.
Der Autor ist Partner der Kommunikationsagentur SKOM Consulting in Stuttgart und als Redenschreiber für verschiedene Unternehmen in Süddeutschland tätig.
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