Nachhaltigkeit und grüne Energie: “Man muss alle Bürger einbeziehen!”
Grün und innovativ - auf der dänischen Insel Bornholm wird seit Jahren umgesetzt, was in anderen Regionen Europas zum Teil noch in den Kinderschuhen steckt: Eine konsequente Umstellung des Alltags auf eine nachhaltige und grüne Lebensweise.
Wie das gehen kann, können Vertreter von Unternehmen, Kommunen oder Verbänden während einer viertägigen Masterclass auf der Ostseeinsel erleben. Vom 5. bis 9. Juni kommen die Teilnehmer mit Gleichgesinnten über Themen wie Kreislaufwirtschaft, Ressourcenschonung und eine nachhaltige Lebensweise ins Gespräch und lernen innovative Projekte auf Bornholm kennen.
Claudia Epple, Gründern von Reise-ArchitekTour, hat im Vorfeld der Fachexkursion mit dem dänischen Architekten Bo Christiansen gesprochen, der die Masterclass als Partner und Experte für Nachhaltigkeit begleitet.
Nachhaltigkeit ist auf Bornholm eine Lebenseinstellung
Warum sind die Dänen und generell die Skandinavier (gefühlt) eigentlich viel innovativer in Sachen Nachhaltigkeit als andere Länder in Europa?
Die Dänen sind eine Kultur von Bauern und Fischern und haben früh gelernt, mit ihren Ressourcen umzugehen. Nachhaltigkeit ist für sie keine theoretische Disziplin, sondern eine Lebenseinstellung, die in den Alltag integriert ist. Heute versucht man nicht nur die Landwirte, sondern alle Bürger an den Windmühlenparks zu beteiligen, so dass jeder einzelne mehr Bezug zu den Projekten hat.
Nach Bornholm kommen jährlich etwa 600 000 Touristen. Diese Touristen reisen vermutlich überwiegend mit dem Auto nach Bornholm und sind sicher längst nicht alle nachhaltig unterwegs. Wie passt das mit dem Ansatz der grünen Energie und Nachhaltigkeit auf der Insel zusammen?
Nach dem neuen Klimaplan der dänischen Regierung sollen Benzin- und Dieselautos bis 2030 und Hybridautos bis 2035 auslaufen. Das finden viele zu spät, da wir bereits 2025 zu 100 Prozent in Elektroautos fahren könnten. Das Edison-Experiment auf der Insel zeigt, dass es für Verbraucher einfach sein kann, ein Elektroauto zu haben, sagt Jørgen S. Christensen. Er leitet die Abteilung Forschung und Entwicklung beim Fachverband Dansk Energi.
Wir waren weltweit das erste Projekt, das untersucht hat, wie Elektroautos an jedem Ladepunkt intelligent geladen werden können. Jeder sucht jetzt nach dieser Technologie und mit dem Projekt haben wir die Technologie an Ort und Stelle, sagt Jørgen S. Christensen. Das Konsortium hinter Edison wählte Bornholm - mit 33 Prozent Windenergie im Stromsystem - als Testgesellschaft. Die neun Partner des Experiments sind: Siemens, IBM, Dong Energy, Dansk Energi, Østkraft, Eurisco, Risø DTU, DTU Elektro und DTU Transport. Der geplante Offshore-Windpark soll künftig Wasserstoff produzieren durch eine eigene Power-to-X-Produktionsanlage, wodurch man zum Beispiel auch Autos betanken könnte.
Die Bornholmer mussten neu denken, um zu überleben
Viele ambitionierte und nachhaltige Projekte und Vorhaben hier in Deutschland scheitern oder verlaufen im Sande, weil nicht alle am selben Strang ziehen. Oder weil es Vorbehalte gibt. Wie schafft man es, dass eine ganze Insel Ja zur Nachhaltigkeit sagt?
Wegen der recht hohen Arbeitslosigkeit der vergangenen Jahrzehnte ist die Bevölkerungszahl gesunken, da viele Bornholmer in Richtung Festland abgewandert sind. Die Insulaner sehen in der neuen Strategie “Bright Green Island” Zukunftschancen und neue Arbeitsplätze.
Der Insel ging es in den 80er Jahren wegen der Krise in der Fischerei nicht gut. Die Menschen mussten einfach neu denken, um zu überleben. Dadurch konnte man wieder unabhängiger werden von Kopenhagen. Aber nur mit Innovation - und dadurch erhielt die grüne Strategie neuen Glanz.
Warum ist ausgerechnet Bornholm der perfekte Testraum für ein solches Projekt?
Bornholm ist ein perfektes Testlabor für die grüne Wende, weil die Einstellung der Bevölkerung (etwa 40 000 Einwohner) passt. Weil die Insel natürlich begrenzt ist, hat man außerdem ein geografisch klar definiertes Areal. Bornholm testet mögliche Lösungen für die Herausforderungen der Insel und kann danach die Lösungen an Dänemark und die EU verkaufen.
“Wir brauchen jede gute Idee!”
Wie können Teilnehmer die Erfahrungen der Masterclass auf Bornholm ganz konkret für ihre eigenen Projekte zuhause nutzen?
Die Teilnehmer der Fachexkursion treffen die Menschen, die hinter den innovativen Projekten der Insel stehen. Sie können sich vernetzen und austauschen. Es gibt jede Menge Gelegenheit für Diskussionsrunden und Austausch von Strategien und Visionen.
Bornholm will in zehn Jahren seine Müllverbrennungsanlage dichtmachen und komplette Kreislaufwirtschaft sein.
Was bedeutet das für die Unternehmen und Kommunen vor Ort?
Eine ganz neue Kultur und die Kraft der Innovation - man braucht jede gute Idee und Erfahrung, um das Ziel zu erreichen.
Eine goldene Chance, Heimat neu zu denken
Und was für jeden einzelnen Bürger auf der Insel?
Zukunftsprojekte, die neue Arbeitsplätze schaffen und die Abwanderung stoppen. Ganz einfach: ohne die Bürger könnte man so eine Vision nicht durchs Ziel bringen. Wir wollen diese wichtigen Fragen während der Reise auf der Insel diskutieren und erleben.
Was würdest Du Menschen raten, die ähnliche Projekte wie „Bright Green Island“ in Deutschland oder anderswo realisieren wollen? Zum Beispiel Kommunen, die stärker Richtung Kreislaufwirtschaft denken wollen. Wo beginnt man mit einer solchen Mammutaufgabe?
Die Insel ist ideal als Sprungbrett für eigene Visionen. Die Freiheit, auf einer Insel zu sein und sich von dem Mut, anders zu denken, inspirieren zu lassen, ist ein goldene Chance. Seine Heimat zusammen neu zu denken in einem Zeitraum von sieben bis zehn Jahren. Ich habe Erfahrung mit Workshops zu Visionen und Perspektiven der globalen Klimaziele. Außerdem bin ich gespannt, was die Teilnehmer bewegt und beschäftigt und möchte wissen, was sie brauchen. Sind sie eher an konkreten Fallstudien auf der Insel interessiert oder eher an neuen Kooperationen? Oder wollen sie wissen, wie man die nächsten Schritte zu Hause macht?
Was ist das Besondere an der Fachexkursion nach Bornholm?
Das Besondere an dieser Reise ist der offene Workshop-Charakter - die Teilnehmer können gemeinsam über die grüne Transformation reflektieren. Es gibt sicher nicht alle Antworten, aber es geht darum, sich den wichtigen Fragen zu stellen. Damit die Teilnehmer gestärkt für die Umsetzung ihrer eigenen Projekte werden.
Und bei der Reise geht es ja nicht nur um Wissensvermittlung, sondern um das miteinander denken und über den eigenen Tellerrand schauen…
Ja, genau. Ich hoffe auf eine bunte Mischung aus Teilnehmern und Planern, Entscheidungsträgern, Bürgern sowie jungen und älteren Menschen. Das könnte eine kollektive Intelligenz sein, wenn alle mit ihren Erfahrungen, ihren Träumen und ihrem Mut zusammenkommen. Es ist aus meiner Sicht sehr wichtig, dass die Teilnehmer auf der Reise ihre Erfahrungen und ihr Wissen gemeinsam reflektieren.
Bo Christiansen ist Architekt und Gründer von Scaledenmark und wird die Reise nach Bornholm als Fachguide begleiten.
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Mehr Infos zur Reise gibt es hier.
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